Menschenschauen in Dresden

Historischer Plan des Dresdner Zoos mit "Schaustellungsplatz"

Plan des Zoologischen Gartens zu Dresden, um 1920, Stadtmuseum Dresden, SMD_SD_1989_00566

Wie in vielen anderen europäischen Großstädten wurden in Dresden bereits im frühen 18. Jahrhundert Menschen öffentlich zur Schau gestellt. Sie sollten als Angehörige „fremder Völker“ oder aufgrund bestimmter körperlicher Merkmale die Schaulust des Publikums bedienen.

Der fürstliche Hof war ebenso Ort solcher Schauen wie später bürgerliche Salons, Jahrmärkte und Zirkusse. Menschenschauen waren ein Spektakel, das Unternehmer als Geschäftsmodell entdeckten. Ab den 1870er-Jahren fanden sogenannte „Völkerschauen“ im Dresdner Zoo statt. Damit konnten erstmals breite Bevölkerungsschichten Menschen anderer Kulturen erleben – in einer komplett inszenierten Show, die als „authentisch“ beworben wurde.

Was vor allem der Unterhaltung diente, wurde von den Menschenschau-Organisatoren als Bildungsprogramm angepriesen: Die Zuschauenden sollten durch die Anschauung der präsentierten „Völker“ mit der wissenschaftlich propagierten Rassenlehre vertraut werden. Tatsächlich popularisierten die Menschenschauen rassistische, sozialdarwinistische und ableistische Vorstellungen. Viele der über Menschenschauen verbreiteten Stereotype wirken bis heute nach.

Von den Teilnehmenden der Menschenschauen gibt es fast keine Selbstzeugnisse. Über die genauen Bedingungen ihrer Anwerbung, die Vertragsbedingungen und ihre Behandlung ist wenig bekannt. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass viele die Zurschaustellung als entwürdigend und belastend empfanden. Gleichzeitig wäre es verfehlt, die Darstellerinnen und Darsteller nur als Opfer zu sehen: Sie traten selbstbewusst auf, forderten ihre Rechte ein und nutzten die Reisen nach Europa für ihre Interessen. Einzelne Teilnehmende übernahmen selber die Organisation von Schaustellungen.

In Dresden hat das Thema Menschenschauen bislang wenig Beachtung gefunden. Das Stadtmuseum widmet sich nun erstmals dieser Lücke in der Erinnerungskultur der Stadt. Wenn Sie Interesse an dem Thema haben, kontaktieren Sie uns gern.

Projekt „Menschenschauen in Dresden“
Kontakt:
Andrea Rudolph M. A.
andrea.rudolph(at)museen-dresden.de

 

5. November 2023 – 7. Juli 2024

MENSCHENanSCHAUEN. Von Blicken zu Taten

Ausstellungsansicht Ausstellungsansicht

© Eulenherz Artwork

Das Kooperationsprojekt zwischen Stadtmuseum und Kunsthaus Dresden thematisiert eine Leerstelle in der Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur der Stadt. Obwohl am fürstlichen Hof in Dresden schon im 16. Jahrhundert Menschen zum Zwecke der Unterhaltung und vermeintlichen Bildung zur Schau gestellt wurden und der Dresdner Zoo seit den 1870er Jahren einer der wichtigsten Veranstaltungsorte von Menschen- bzw. Völkerschauen im Deutschen Kaiserreich war, gibt es zu den Dresdner Menschenschauen bislang kaum ein Bewusstsein im kollektiven Gedächtnis.

Gleichzeitig haben in jüngerer Zeit Menschenschauen im Kontext einer postkolonialen Forschung und aktivistischen Szene eine verstärkte Aufmerksamkeit erfahren. Aus dieser Perspektive gelten die Schauen als koloniales Unrecht, das problematisiert und erinnert werden muss. Solche Menschenschauen transportierten und erzeugten während des Kolonialismus Klischeebilder und stigmatisierten die zur Schau gestellten Personen als Angehörige unterlegener Völker und „Rassen“. Bis heute lebt dieses auf Hierarchien abzielende Blickregime im Rassismus fort. Die Werkstattausstellung verknüpft die erforschte Geschichte mit der Gegenwart – multiperspektivisch, kritisch und partizipativ.

Programmheft zum Download

Eine Ausstellung in Kooperation mit dem Kunsthaus Dresden - Städtische Galerie für Gegenwartskunst

und in Zusammenarbeit mit

Logos

Die Ausstellung wird unterstützt durch:

 

Sammelband
„MENSCHENanSCHAUEN. Selbst- und Fremdinszenierungen in Dresdner Menschenausstellungen“

Menschen­schauen haben eine lange Geschichte, die bis heute nachwirkt. Wie in anderen europäi­schen Städten wurden in Dresden bereits im 18. Jahr­hundert Menschen öffentlich zur Schau gestellt. Als Angehörige »fremder Völker« oder mit bestimmten körper­lichen Merk­malen sollten sie die Sensa­tions­lust des Publikums bedienen. Der fürstliche Hof war ebenso Ort solcher Schauen wie später Jahrmärkte und Zirkusse. Ab den 1870er Jahren fanden »Völker­schauen« im Dresdner Zoo statt – inszenierte Shows, die als »authentisch« beworben wurden. Solche Menschen­schauen transpor­tierten und erzeugten während des Kolonia­lismus Klischee­bilder, die bis heute in rassis­tischen Stereo­typen fortleben. Dieser Sammel­band gibt erstmals für Dresden einen Überblick über die Praxis dieser Schau­stel­lungen und bringt regionale und über­regionale Forschungen, unter­schied­liche Perspek­tiven und aktuelle Diskurse zusammen.

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Digitale Buchvorstellung auf YouTube: youtu.be/kkVsD1Z7hYE

Buchcover_Menschenanschauen
 



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